Der BVSC im Manager Magazin zum Thema Grüne Verkehrswende – wie Kopenhagen mobile Freiheit neu definiert

Lesedauer ca. 3 Minuten
BVSC Stefan Slembrouck im Manager-Magazin Company-Cars 18.06.2021

Beilage “Company-Cars” im Manager-Magazin (18.06.2021)

Der folgende Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Martine R. Kildeby von BLOXHUB Kopenhagen und erschien in leicht gekürzter Fassung im Juni 2021 in einem Printspecial in der Vollauflage des Manager Magazins und diversen Online-Medien.

Auf den ersten Blick scheint Kopenhagen – anders als andere Städte – seine Smart City Entwicklung etwas radikaler an den Bedürfnissen der Menschen und dem Erhalt des Ökosystems auszurichten als an Kosteneffizienz und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Städten.

BVSC - Martine Kildeby, BLOXHUB Kopenhagen

Martine R. Kildeby ist Global Network Manager bei BLOXHUB, einer non-Profit Organisation des dänischen Wirtschaftsministeriums und der Stadt Kopenhagen zum Aufbau eines weltweiten Netzwerks zur Förderung der digitalen Transformation von Städten. https://bloxhub.org

Bei näherem Hinsehen führt die grüne Transformation aber zu nachhaltigen Investitionen, verbesserter Lebensqualität und höherer Resilienz der urbanen Gesellschaft und damit zu nachhaltigen wirtschaftlichen Effekten. Genau darin liegt die Chance, aus der Stadt auch ein Reallabor für GRÜNE MOBILITÄT zu machen, welche die Philosophie der „Stadt-im-menschlichen-Maß“ unterstützt, in der die Menschen künftig ihr Alltagsleben im Radius von fünf Gehminuten leben können, mit weniger Luftverschmutzung, weniger Lärm, verbesserter Lebensqualität und Null CO2-Ausstoß. Hierfür wurde im April 2021 mit breiter Mehrheit des Stadtparlaments eine Mobilitätsinitiative mit tiefgreifenden Maßnahmen verabschiedet, damit Kopenhagen sein selbstgestecktes Ziel der Klimaneutralität bis 2025 erreichen kann.

Im Kern bedeutet die Mobilitätsinitiative eine drastische Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt mit dem Ziel, die Nutzung des U-Bahn-Stadtrings zu erhöhen und mit den freiwerdenden Parkflächen Platz für Fußgänger und Radfahrer sowie grüne Verkehrsinseln zu schaffen. Überhaupt das Fahrrad: es ist als Dreh- und Angelpunkt der urbanen Transformation nicht nur ein leises und emissionsfreies Fortbewegungsmittel, es spart darüber hinaus extrem viel Platz und fördert die Gesundheit und das psychische Wohlbefinden der Menschen, der aktiven wie „passiven“ Radfahrer. Dänemark hat dem Fahrrad deshalb schon vor Jahren einen hohen volkswirtschaftlichen Stellenwert eingeräumt und kann inzwischen einen positiven Return-on-Investment nachweisen. Das Fahrrad prägt das Stadtbild Kopenhagens nicht nur als omnipräsentes Verkehrsmittel. Die Radwege selbst werden als architektonisches Element genutzt, um urbane Räume – ganz im Sinne der Philosophie des Stadtarchitekten und Übervaters Jan Gehl – „auf Augenhöhe“ zu gestalten, damit den Menschen in der Öffentlichkeit gefühlte Sicherheit zu geben und ihr Wohlbefinden zu verbessern.

Copenhagen - The Bicycle Snake by Dissing+Weitling, Photo by Ole Malling

The Bicycle Snake by Dissing+Weitling, Photo by Ole Malling

Ein schönes Beispiel hierfür ist die Bike Snake (Fahrradschlange), die einem alten Hafengelände mit ihrem leuchtenden Orange und der sanft geschwungenen Leichtbaustruktur, die sechs Meter über Boden und Wasser schwebt, eine jugendliche Charakteristik verleiht. Sie wurde 2014 eingeweiht und wurde schon bald ein Magnet für immer mehr Radfahrer und Touristen. Sie wird inzwischen jeden Tag von 12.000 Radlern genutzt, die damit insgesamt 380 Stunden Pendelzeit einsparen, den täglichen Verkehr um 1.400km und den jährlichen CO2-Ausstoßes um 87t reduzieren. Und natürlich profitieren auch die Fußgänger – die „passiven“ Radfahrer – davon, dass die Brücke sie vor Radschnellfahrern schützt.

Der Rest ist „Sharing“: das digitale Angebot vernetzter Mobilität. Das mit BLOXHUB verbundene Startup Cogo bündelt seit dem letzten Jahr alle Sharing-Angebote zur Nutzung von elektrischen Verkehrsmitteln von 160 Anbietern in 500 Städten auf der ganzen Welt in einer einzigen App. Was ist aber mit den Personen, die nicht digital kommunizieren können? Seit 2014 wird in Dänemark die Kommunikation aller Behörden digital über eine zentrale Plattform gemanagt, an die sich alle Bürger*innen anschließen müssen. Ausnahmen können genehmigt werden, aber die Menschen haben diese sanfte digitale Revolution mitgetragen und profitieren heute von den immensen Möglichkeiten neuer Mobilitätsangebote und der Smart City Entwicklung.

Auch deutsche Städte sollen davon profitieren können. BLOXHUB kooperiert mit dem Bundesverband Smart City e.V., um die Erfahrungen von Kopenhagen und weltweit führender Smart Cities auch mit deutschen Städten und Metropolregionen zu teilen.

Sollten Sie Interesse an einem Austausch mit BLOXHUB haben, kontaktieren Sie bitte den Bundesverband Smart City e.V.

Alle Blog-Beiträge unter AKTUELLES sowie Foren-Beiträge und Kommentare geben die persönliche Meinung des/der jeweiligen Autors/Autor:in wieder und nicht zwangsläufig die des Bundesverband Smart City e.V. und/oder dessen Vorstands und/oder aller seiner Mitglieder.

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Über Stefan Slembrouck

Stefan Slembrouck ist Philosoph und Betriebswirt und arbeitet seit 2009 im Bereich der digitalen Transformation und der Entwicklung von Smart Cities. Er verfügt über ein weitreichendes internationales Smart City Netzwerk und hat sich eingehend mit den Themen Digitalisierung der Energienetze, intelligente Straßenbeleuchtung, Ladeinfrastruktur und vernetzte Mobilität sowie dem Aufbau und Betrieb offener Datenplattformen unter Verwendung von ML und KI Algorithmen auseinandergesetzt. Er ist in mehreren Förderprogrammen aktiv: KNOWING zur besseren Einschätzung von Reaktionsrisiken (response risks) als Folge von Klimaanpassungsmaßnahmen, Intelligent Cities Challenge zum Aufbau eines Klimapaktes zwischen Kommunen und Unternehmen und TheaDiPOLIS zur Erkundung neuer, digital unterstützter Formen und Wege zur Beteiligung von Bürger*innen an der Stadtentwicklung. Parallel dazu entwickelt er das Thema Ethik der Smart City: Wie können die Ziele von mehr Lebensqualität und sozialer Kohäsion unter Gesichtspunkten der Stadtentwicklung in der Digitalmoderne mit Blick auf die Herausforderung der Klima- und Biodiversitätskrise zusammengeführt werden? Zu diesem Thema arbeitet er zurzeit an einer Dissertation an der TU Berlin bei Prof. Hans-Liudger Dienel. *** Stefan Slembrouck is a philosopher and business economist and has been working in the field of digital transformation and the development of smart cities since 2009. He has an extensive international smart city network and has worked extensively on the digitalization of energy grids, smart street lighting, charging infrastructure and connected mobility as well as the development and operation of open data platforms using ML and AI algorithms. He is active in several funding programs: KNOWING to better assess response risks as a result of climate adaptation measures, Intelligent Cities Challenge to establish a climate pact between municipalities and companies and TheaDiPOLIS to explore new, digitally supported forms and ways of involving citizens in urban development. At the same time, he is developing the topic of smart city ethics: how can the goals of greater quality of life and social cohesion be brought together from the perspective of urban development in the digital modern age with a view to the challenge of the climate and biodiversity crisis? He is currently working on a dissertation on this topic at the TU Berlin with Prof. Hans-Liudger Dienel. Homepage ->